
"Und dann konnte ich plötzlich nicht mehr laufen. Das war am 28. Mai 2011..."
Edgar Rodehack (Organisationsberater, Coach, Moderator, Gründer der Münchner Burnout-Selbsthilfegruppe „Your Way 2 Life“) mit Tobias Niewöhner im Gespräch (Podcast „Abenteuer Mann sein“).
Am 28. Mai 2011 konnte Edgar plötzlich nicht mehr laufen. Was folgte, war eine tiefe Krise – sein Burnout.
Über ein Jahrzehnt später, spricht er offen über diese Erfahrung: über das Scheitern, das Innehalten und den mühsamen Weg zurück ins Leben.
Edgars Ziel ist es, anderen Betroffenen Orientierung zu geben und Mut zu machen. Denn eines ist ihm heute klar: „Ihr seid nicht allein! Bleibt dran! Es lohnt sich.“
Edgar erzählt seine Geschichte, weil er weiß, wie wichtig es ist, über das oft tabuisierte Thema Burnout zu sprechen – wertschätzend, ehrlich und ohne Beschönigung. Sein Weg zeigt, dass Burnout kein Ende, sondern ein Wendepunkt sein kann.
Worum geht es in dieser Folge?
* Der Zusammenbruch: Wie sich Burnout bei Edgar äußerte – von körperlicher Erschöpfung bis zur Unfähigkeit, einen Schritt zu tun.
* Die Diagnose: Der Weg zur Erkenntnis, dass es sich um eine Erschöpfungsdepression handelt, und die ersten Schritte in Richtung Hilfe.
* Die Klinik: Was passiert in einer Burnout-Klinik? Warum Stabilisierung vor Therapie kommt und wie Edgar lernte, seine Leistungsmuster zu hinterfragen.
* Die Rückkehr ins Leben: Wie er mit der Ablehnung durch Arbeitgeber und Familie umging, seine Selbstständigkeit aufbaute und heute achtsamer mit sich selbst umgeht.
* Selbsthilfe und Solidarität: Warum der Austausch mit anderen Betroffenen so wichtig ist und wie er die Münchner Selbsthilfegruppe „Your Way 2 Life“ gründete.
* Botschaften an Betroffene: Warum es nicht nur okay ist, sondern Menschen sogar stärken kann, wenn man Schwäche zeigt, und wie man lernen kann, nachhaltiger mit sich umzugehen.
Zentrale Themen
* Der Zusammenbruch:
Edgar beschreibt den Moment, in dem sein Körper einfach nicht mehr mitspielte. Wochenlang hatte er Warnsignale wie Kopfschmerzen, Aggressivität und ein Gefühl der totalen Erschöpfung ignoriert. Doch an diesem Tag, auf dem Weg zur S-Bahn, blieb er plötzlich stehen. „Es war wie ein Blitz. Ich musste mich total konzentrieren, um den nächsten Schritt zu machen.“ Dieser Moment markierte den Beginn einer langen Reise – weg von der Verleugnung, hin zur Akzeptanz.
* Die Diagnose: Erschöpfungsdepression
Nach einem Besuch bei seiner Hausärztin stand fest: Edgar litt unter einem schweren Burnout, einer Erschöpfungsdepression. Die Ärztin war klar: „Wenn es wirklich das ist, was Sie meinen, werden Sie sich beruflich verändern müssen.“ Doch wie bei vielen Betroffenen folgte zunächst die Verleugnung. „Ich hatte Monate zuvor schon ‚Burnout‘ gegoogelt – aber ich dachte, das trifft nicht auf mich zu.“ Erst als er nicht mehr laufen konnte, wurde die Realität unausweichlich.
* Der Weg in die Klinik:
Die Wartezeit auf einen Klinikplatz betrug sechs Wochen – ein Indiz dafür, wie verbreitet Burnout ist. Doch die größte Hürde war die Angst vor Stigmatisierung: „Die größte Katastrophe wäre gewesen, dass jemand mitbekommt, dass ich Burnout habe.“ In der Klinik lernte er, dass Genesung Zeit braucht. „Ich dachte, ich könnte in vier Wochen ‚repariert‘ werden. Doch die ersten Tage bestand mein Therapieplan nur aus einem Termin: ‚Kommen Sie an.‘“
* Klinikalltag:
Edgar erwartete ein straffes Programm, doch stattdessen wurde er gebremst. „Ich war wie ein Manager, der dachte, er könnte sich in Rekordzeit heilen.“ Doch Burnout ist kein Projekt, das man abarbeiten kann. Es geht um Stabilisierung, um das Aufräumen einer „Kammer voller ungelöster Konflikte“. „Die Tür war nicht mehr zu – mein Körper zwang mich, mich all den Dingen zu stellen, die ich jahrelang weggeschoben hatte.“
* Konflikte mit sich und anderen
Die Reaktionen seines Umfelds waren gemischt: Seine Frau stand ihm zur Seite, doch Arbeitgeber und Familie reagierten mit Ablehnung. „Meine Frau hat mir das Leben gerettet – sie konnte mit meiner Schwäche umgehen.“ Doch sein Arbeitgeber kündigte ihm, und auch in der Familie stieß er auf Unverständnis. „Die Menschen um mich herum reagierten oft so, wie ich selbst jahrelang auf mich reagiert hatte: mit Ablehnung.“
* Neuanfang
Nach der Klinik stand Edgar vor dem Nichts – berufliche Unsicherheit und die Frage: Wie geht es jetzt weiter? Ein Mentor gab ihm die Chance, ein Projekt zu leiten, und so fand er den Weg in die Selbstständigkeit. „Die Selbstständigkeit war das Beste, was mir passieren konnte. Ich musste lernen, nachhaltiger mit mir umzugehen – nicht aus Luxus, sondern aus Notwendigkeit.“
* Kinder, Väter und Rollenbilder
Edgar reflektiert, wie seine Kinder seine Krise miterlebt haben – und wie er heute versucht, ihnen andere Muster vorzuleben. „Ich will nicht, dass sie die gleichen Fehler machen wie ich. Deshalb sage ich heute auch ‚Es tut mir leid‘, wenn ich in alte Verhaltensmuster verfalle.“
* Botschaft an Betroffene - „Take it easy“
Sein Appell an alle, die sich in einer ähnlichen Situation befinden: „Alles kann, fast nichts muss. Übt euch darin, mal das Gegenteil zu tun – runterzukommen, innezuhalten, euch selbst zu erlauben, nicht zu funktionieren.“ Burnout ist kein Versagen, sondern eine Chance, das eigene Leben zu überdenken. „Zum Leisten gehört auch das Nicht-Leisten.“
Zitate
* „Burnout ist eine existenzielle Geschichte. Es geht um die Frage: Was macht mich eigentlich aus – jenseits von Leistung und Anerkennung?“
* „Wir leben in einer Gesellschaft, die sagt: Wenn du nicht leisten kannst, bist du raus. Wie lebensfeindlich ist das?“
* „Die Krise hat mir die Chance gegeben, mich zu fragen: Was heißt für mich eigentlich Leistung? Und was will ich wirklich?“
* „Es tut mir leid. Das zu sagen, war ein wichtiger Teil meiner Genesung.“
Weiterführende Links und Ressourcen
* Infos zur Folge: trellisterium.de/einmal-burnout-und-dann-weiter/
* Münchner Burnout-Selbsthilfegruppe „Your Way 2 Life“: www.yourway2life.de
* Podcast „Abenteuer Mann sein“: www.abenteuermannsein.de
Kontakt zu Edgar:
* info@trellisterium.de
* Edgars Blog: trellisterium.de
* Mehr von, mit und über Edgar Rodehack: rodehack.de
* Teamworkblog: www.teamworkblog.de
Buchtipps aus der Folge
* Michael Bort: „Die Kunst, die Eltern zu enttäuschen“ – Ein Buch über Selbstbestimmung und den Mut, eigene Wege zu gehen.
* Frank Berzbach: „Die Kunst, ein kreatives Leben zu führen“ – Achtsamkeit und Selbstmanagement für ein erfülltes Leben.
Edgars Geschichte zeigt: Burnout ist kein Ende, sondern ein Wendepunkt. Wenn du selbst betroffen bist oder jemanden kennst, der Hilfe braucht, sprich darüber. Teile diese Folge, besuche die Links in den Shownotes oder melde dich bei Edgar. Und denk dran: „Bleibt dran! Es lohnt sich.“
Infos zur Folge:
trellisterium.de/einmal-burnout-und-dann-weiter/
trellisterium.de/meine-seite-ist-nicht-leer-wie-mit-perfektionismus-umgehen/
Mehr von, mit und über Edgar Rodehack
rodehack.de
www.teamworkblog.de
Ursprüngliches Veröffentlichungsdatum: 28. Mai 2021, Dauer: ca. 57 Minuten
🎵 Musik & Sounds: © 2021 Sandro Stahlmann, Esting/Germany, stahlmann@email.de
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